Mein Blog ist ein offener Textschrank, in den ich Texte einstelle. Man kann vorbeikommen, stehen bleiben, sich einen raussuchen, genauso, wie es möglich ist, im Vorbeigehen einen Blick hineinzuwerfen. Ich stelle dort Texte ein, die ich loslassen kann und die bereit sind, sich den Augen der anderen auszusetzen. Wie im Bücherregal aus Holz finden sich dort Texte, bei denen ich staune, dass ich sie noch habe. Alt sind sie, vergilbt und nicht mehr ganz frisch. Dazu kommen neue Texte, weil das Leben weitergegangen ist und immer wieder weiter geht. So oder so.
Texte brauchen ein Dach über dem Kopf. Wenn sie im Regen stehen gelassen werden oder in blaue Ordner verschwinden, dann verlieren sie ihre Spannkraft. Der Regen macht sie naß und unappetitlich und der blaue Ordner verdonnert sie zur Gleichförmigkeit und im Dunkeln ist nicht gut Luft schnappen.
Texte brauchen ein Dach über dem Kopf, denn dann können sie es sich miteinander einrichten und manchmal sogar ein bisschen schön machen. Sie sprechen nämlich miteinander, wenn sie dort so Seite an Seite stehen. Davon erfährt man aber nur dann, wenn man bereit ist, vor dem Schrank eine Weile zu stehen und zu lesen und zu lauschen.
Texte brauchen ein Dach über dem Kopf, weil Grenzen nicht nur für Menschen wichtig sind. Ein Text muss wissen, wo er anfängt und wo er aufhört. Er braucht eine Überschrift, damit man weiß, in welches Regalbrett man greifen muss. So wie ein Mensch einen Namen braucht und spüren darf, wann ein anderer gerade nah genug ist oder zu nah oder auch einfach zu weit weg, um im Kontakt zu sein.
Ein offener Textschrank hat also ein lebendiges Innenleben, was sich ändert und formt, je nach dem, was hineingegeben wird oder herausgenommen wird. Der Textschrank braucht ein Dach, durch das es nicht durchregnet. Das stört das Wohlbefinden und mindert das Gefühl der Sicherheit. Beides können Texte und Menschen sehr schlecht gebrauchen.