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Für bell hooks, die US-amerikanische Autorin und Literaturwissenschaftlerin ist Schreiben ein Weg gewesen, ihre eigene Stimme zu finden. „Geschriebene Worte verändern uns und machen mehr aus uns als wir jemand ohne sie gewesen wären“, so schreibt sie im Vorwort ihres Essaybandes remembered rapture (1999), was übersetzt soviel bedeutet wie „erinnerte Verzückung“.

Die Erfahrung, durch das Schreiben verzückt zu werden, ins Schwärmen zu kommen, hat für sie etwas mit der magischen Kraft geschriebener Worte zu tun. Aufgewachsen in einer großen Familie afroamerikanischer Abstammung erlebt sie in ihrer Geburtstsstadt Kentucky die Rassentrennung und wächst in einem kulturellen Umfeld auf, in dem viele ihrer Weisheitslehrer*innen ältere schwarze Frauen und Männer sind, die weder lesen noch schreiben können. Sie spürt früh den Zustand der Machtlosigkeit gegenüber dem Geheimnis geschriebener Worte auf Papier. Diese Erfahrung nimmt sie aus Worten ihrer Großmutter auf, an der sie die Scham und den Schmerz einer Analphabetin erfährt. In Erinnerung an ihre Ur-Großmutter Bell Hooks legt sie ihren Geburtsnamen Gloria Jean Watkins ab und verwendet ihren Namen fortan als Pseudonym (und schreibt ihn konsequent klein, um, wie sie es ausdrückt, ihre Arbeit und nicht ihre Person in den Vordergrund zu stellen).

2021 schreibt Janell Hobson in der Zeitschrift MS magazine in einem Nachruf an sie: “bell hooks gave us language that literally saved our lives by helping to articulate the oppressions we faced as women, as black people.” US-Vizepräsidentin Kamala Harris würdigt sie als “prolific author, activist, and trailblazer“.

Ihre ersten Erfahrungen mit dem Schreiben macht sie als ein junges Mädchen, das Tagebuch schreibt. Sie entdeckt darin die Möglichkeit einer „subversive autobiography, als a form of autorship“, weil das Tagebuch der einzige Ort ist, an dem offen ausgesprochen werden kann, was einen bedrückt, für sie ist es ein „narrative of resistance“. In ihren Beschreibungen wird deutlich, wie sehr das Tagebuch auf der einen Seite die Scham und Bedrückung auffängt, die sie erlebt, es ist ein bekennendes Schreiben dieser Erfahrungen, das im Tagebuch einen sichereren Raum hat. Allerdings spürt sie, dass sie durch das Tagebuchschreiben die Verwundung, die sie täglich in ihrer Familie erleidet, festhält. Sie zerstört ihre Tagebücher und versucht so, sich dieses Schattens, der Scham und der Dunkelheit, die darin enthalten sind, zu entledigen.

Erst der Schritt, sich dieser Erfahrung der Scham und der inneren Dunkelheit zu stellen und sie schreibend als einen Teil ihres eigenen Heilungsprozesses zu verstehen, führt sie zu einem weiteren Verständnis des Schreibens. bell hooks nennt es: Der Realität ins Auge zu sehen. Für sie eröffnet sich dadurch ein Weg, sich selbst neu zu verstehen, sich nicht mehr der Scham zu entledigen, sondern in die Erfahrungen der Dunkelheit und der Scham einzutreten und schließlich diese Erfahrungen als Teil ihres Selbst anzunehmen.

Diese Form des Schreibens führt sie zu zwei Bewegungen: Die Selbstentdeckung (self-discovery) und die Rückgewinnung des Selbst (self-recovery). Die  Jahre, die sie sich ihrem Tagebuch anvertraut hat, sind für bell hook im Nachhinein entscheidende Wegmarken dafür, ihre eigenen Stimme zu finden, sie findet im Schreiben ihren sicheren Ort, ihr „sanctuary“.

Geschriebene Worte haben für sie eine Magie, die der Bedeutung dem Empfang der christlichen Sakramente ähnelt. bell hooks ist als Kind in einer Familie großgeworden, die in der Tradition der Pfingstgemeinden steht, als Erwachsene wendet sie sich dem Buddishmus zu. Um den Stellenwert, den Schreiben für sie hat und um Worte für den Prozess, der sich darin ereignet zu finden, macht sie Anleihen in beiden Traditionen und greift auf ein erweitertes Verständnis von Spiritualität zurück, das sich in den mystischen Traditionen der Religionen widerfindet und die Geistkraft und das Geheimnis des Göttlichen betont.

Was in der christlichen Tradition zum Heil führt, die Taufe und das Abendmahl, ist für sie durch das Schreiben versinnbildlicht: „To read an write was to partake of a sacarment as holy as our eating the body and drinking the blood of the divine in communion and rememberence“. Nimmt der Empfang der Sakramente die Menschen hinein in eine geheimnisvolle Verbindung zu Gott, so entspricht das Schreiben dieser Annäherung an das Geheimnis. Auch für ihre Bestimmung zu Schreiben findet sie religiöse Worte: Es ist ihre „vocation“, ein unendlicher Segen.

Der Titel „remembered rapture“ fängt diesen Moment ein. Es ist der Augenblick, in dem sich das Gefühl einstellt, dass die geschriebenen Worte „stimmen“, sie fügen sich so aneinander und ineinander, dass sie das ausdrücken, wofür die Schreiberin Wort finden wollte.

Bell hooks hat sich Zeit ihres Lebens mit Fragen von Feminismus, Rassismus und Patriachat auseinandergesetzt. Ihr Verständnis des Schreibens ist die Grundlage dafür. Es bricht das Schweigen, es die Form, eine eigene Stimme zu entwickeln und zu Gehör zu bringen.

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