Skip to main content

Heute vor zwanzig Jahren ist ein Freund mit noch nicht einmal fünfzig Jahren gestorben. Die damals zurückgebliebene Witwe mit Tochter, die am Morgen nach dem Tod ihr mündliches Abitur machte, weiß heute nicht mehr, ob sie die Information damals nicht bekommen hat, oder sie schlicht überhört hat: nach zwanzig Jahren wird ein Reihengrab aufgelöst-

Bevor das Grab verschwindet, hat sie zum Jahrestag eingeladen. Ein Sommerfest im Garten mit allen, die ihr in den letzten zwanzig Jahren geholfen haben, die Erinnerung an ihren Mann wach zu halten. Ich treffe auf Menschen, die ich seit der Beerdigung nicht mehr gesehen habe, blicke in Gesichter und erkenne sofort, in welche Familie sie gehören. Weil er ein Fan von „der große Preis“ war, ist ein Quiz dazu vorbereitet. 40 Fragen aus seinem Leben, nach Kindheit, Berufstätigkeit, Hobbies….die Gruppen sind gut gemischt, Familie, Freunde, Weggefährt*innen.

Auf einmal sind die Erinnerungen wieder lebendig und erfüllen den Garten: „Stimmt, das war ja so!“ „Ach, richtig, das hatte ich ganz vergessen…“ Emma, der Hund, die Trompete und der Kanon, den er immer sechststimmig angeleitet hat…Die vergessene Portemonnaie auf dem Autodach, das Bewerbungsgespräch, das damit endete, dass der Hund die Hühner des zukünftigen Chefs im Maul hatte….

Erinnerungen sind Wiederbegegnungen. Ich habe heute gespürt, welche Kraft diese Wiederbegegnungen haben. Ich knüpfte wieder an und entdecke mehr Wurzeln, als ich vermutet hatte, sie treten gewissermaßen für einen Nachmittag an die Oberfläche. Aber doch: Sie sind da. Und das Sommerfest im Garten ist der Ort, an dem sie wieder lebendig werden.

Top