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Was trägt uns? Schutz der Schöpfung und die evangelische Kirche. Dies war das Thema des Podiumsgesprächs zwischen Prof. Dr. Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, und mir, welches auf Einladung der Hessischen Genossenschaft des Johanniterordens und der Werner Reimers Stiftung am 5. November 2024 stattgefunden hat.   

Was wir heute an Klimawandel erleben und an Verlust von Biodiversität, hat die Wissenschaft vor vierzig Jahren genauso prognostiziert, so Tockner. Wir steuern mit unserem Handeln auf eine Erwärmung um 3 Grad zu, das Klimaziel von Paris kann nicht mehr gehalten werden. Dabei ist der Verlust der biologischen Vielfalt in Kombination mit dem Klimawandel ein unwiederbringlicher Verlust unsren biologischen Erbgutes.

Die Bemühungen, dem Klimawandel auf landeskirchlicher Ebene zu begegnen, habe ich in meinem Referat geschildert. Wichtig war mir darzustellen, dass die Impulse wesentlich aus der weltweiten Ökumene kamen und kommen. Im Kontext des Berichts des Club of Rome 1972 war stand dabei die Kritik an einem Wachstumsbegriff im Vordergrund, der negiert, dass es kein unendliches Wachstum mit endlichen natürlichen Ressourcen kam. Für mich ist theologisch die „Ethik des Genug“ zentral, in die biblisch-anthropologische, gemeinschaftsbezogene und materialistisch-kritische Zugänge zusammenfließen. Ich wünsche mir, dass wir diese Impulse gesellschaftspolitisch, spirituell und institutionell stärker aufgreifen.

Ich schreibe dies am Morgen, an dem die Meldungen sich verdichten, dass Donald Trump erneut als Präsident der Vereinigten Staaten gewählt worden ist. In seinem Parteiprogramm taucht der Begriff Klima kein einziges Mal auf. Er verspricht vielmehr weiterhin auf fossile Brennstoffe zu setzen: „We will drill, Baby, drill“.

Was können die Kirchen, was können wir als Kirche dem gegenüber setzen? Mit welcher Vision, mit welcher Idee für die Zukunft sind wir unterwegs? Oder -sollte ich vorsichtiger sagen- könnten wir unterwegs sein?

Ich glaube, unser biblisches Gottes-und Menschenbild kann eine Menge dazu beitragen, ein Bild der Zukunft zu entwerfen. Für mich verdichtet sich diese Bild der Zukunft in einer Ethik des Genug. Sie ist im Kontext des Berichts des Club of Rome von 1972 entstanden. Dieser hatte gesagt: In einer endlichen Welt, die von endlichen natürlichen Ressourcen lebt, kann es kein unendliches Wachstum geben. Kein immer schneller, immer weiter, immer höher. Später wurde dieser Gedanke in dem Begriff der Suffizienz, also das Genügen, zusammengefasst. Nachhaltig ist, wenn wir darüber nachdenken, was genügt, und nicht, wie wir den Konsum und den Verbrauch immer mehr steigern. Ein zweiter Gedanke ist damit verbunden: Unter welchen Bedingungen ist gutes Leben für alle möglich, unter Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und auch für nachfolgende Generationen?

Biblisch wird von diesem „Genug“ in der Geschichte der Manna Speisung in der Wüste (Exodus 16) erzählt, in der die Israeliten nur soviel von dem Manna sammeln sollen, wie sie für den Tag brauchen. Auch die Bitte des Vater unsers, unser tägliches Brot gibt uns heute- ist ja im Kern auch die Bitte um das, was wir hier und jetzt brauchen, le pain quotidien.

In der Bibel wird die Frage: Was brauchen wir? Immer mit den Fragen von Gerechtigkeit verbunden. Hier spielt die Tradition des Exodus, also eine Befreiungserfahrung eine Rolle und die Sozialkritik des Alten Testaments, die sich gegen Ausbeutung von sozial Schwachen wendet.

Die Ethik des Genug mit Fragen der Gerechtigkeit verbunden, sie ist keine individualistische Ethik, sondern orientiert sich an dem Jesuswort aus dem Johannesevangelium: „Damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen“ (Joh 10,10) die Betonung liegt auf volle Genüge für ALLE. Bibel verkörpert ein antimaterialistisches Weltbild mit Anforderungen an Gerechtigkeit. „Ich bin, weil wir sind“ dieser Satz von Desmond Tutu betont in diesem Zusammenhang die Bezogenheit auf Gemeinschaft und schließt zukünftige Generationen ein.

Der Einsatz für nachhaltiges Wirtschaften und Leben ist eine Form der Nächstenliebe. So sagt das der Arzt Eckard von Hirschhausen, Gründer der Stiftung Gesunde Erde. Er setzt in dieser Frage auf die Kirchen, weil das Denken über Generationen hinaus ein Kern des Christentums ist. Er geht da noch darüber hinaus und sagt: Wir brauchen eigentlich eine Übernächstenliebe. Diese Übernächstenliebe lässt sich sowohl auf nachfolgende Generationen las auch auf die Weltgemeinschaft beziehen. Es ist ein nicht national verengter Blick, der nur darauf schaut, dass es der eigenen Bevölkerung, oder dem eigenen Land gut geht, sondern ein weiter Blick, der die Konsequenzen des eigenen Handelns bedenkt und kritisch hinterfragt.

Und schließlich: Eine grundlegende Aussage der Bibel über den Menschen ist: Der Mensch kann sich verändern. Diese Sprache spricht die Sozialethik des Alten Testaments genau so, wie die Aufforderung Jesu zu metanoia, also des Bewusstseinwandels oder dem Umdenken. In welcher Welt wollen wir leben? Diese Frage stellt sich dringend. Unsere Kirchen können Laboratorien sein, ein Erproben, was es heißt, gemeinscahftsbezogen zu leben, den Materialismus, ds Haben wollen nicht an die erste Stelle zu setzen, sondern die Frage umzudrehen: Wo haben wir genug? Was reicht zum Leben?

Vierzig Jahre ist es her, dass Johann Baptiste Metz folgenden Satz geschrieben hat: “Der Aufstand unserer Hoffnung richtet sich gegen eine Welt der nackten Zukunftsangst. (…) Gerade diese heimliche Verabschiedung der Erwachsenen aus der Welt der Zukunft, diese Entsolidarisierung im Angesichte der Gefahr, triff unsere Jugend besonders schwer.“ 

Ich hoffe, dass wir diese Impulse gesellschaftspolitisch, spirituell und institutionell als Kirche stärker aufgreifen. Dass wir mutig sind, von einer Vision des Zusammenlebens zu sprechen, die sich nicht an der Größe des Geldbeutels, der Überzeugung von der eigenen Wichtigkeit und der Überlegenheit der scheinbar Starken über die anderen misst.

Ich finde es gerade nicht einfach, optimistisch zu bleiben. Und ich glaube, wir können diese Bilder einer gelingenden Zukunft auch nicht alleine tragen. Wir brauchen einander. Wir brauchen Gemeinschaften, in denen diese Bilder gepflegt und mit Leben gefüllt werden. Damit wir uns nicht aus der Zukunft verabschieden.

Vierzig Jahre ist es her, dass Johann Baptiste Metz folgenden Satz geschrieben hat: Der Aufstand unserer Hoffnung richtet sich gegen eine Welt der nackten Zukunftsangst. (…) Gerade diese heimliche Verabschiedung der Erwachsenen aus der Welt der Zukunft, diese Entsolidarisierung im Angesichte der Gefahr, triff unsere Jugend besonders schwer.“

Ich finde es gerade schwer, optimistisch zu bleiben. Aus der Zukunft will ich mich trotzdem nicht verabschieden.

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